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  1. Analyst Insights

Emissionsminderung durch nachhaltige Kredite auf dem Prüfstand

Emissionsminderung durch nachhaltige Kredite auf dem Prüfstand

Written by

Yuhua Tang

Yuhua Tang
Analyst Published 27 Nov 2025 Read time: 5

Published on

27 Nov 2025

Read time

5 minutes

Key Takeaways

  • Nachhaltige Kredite leisten einen wachsenden Beitrag zur Finanzierung der CO2-Reduzierung, indem sie besonders CO2-relevante Investitionen in Gebäudesanierung, erneuerbare Energien, Netzausbau und industrielle Effizienzmaßnahmen unterstützen und so den Strukturwandel in Schlüsselbranchen stützen.
  • Nachhaltige Finanzierungen in Deutschland werden bislang hauptsächlich von großen Industrieunternehmen beansprucht, die grüne Kredite und ESG-verknüpfte Kredite für Energie, Immobilien und Infrastruktur einsetzen, während kleinere Unternehmen und private Haushalte eher klassische Förderkredite nutzen.
  • Klar zweckgebundene grüne Darlehen und Förderkredite mit strikten Effizienzvorgaben erzielen messbare Emissionsminderungen. Dagegen entfaltet ein großer Teil der ESG-verknüpften Kredite und grünen Anleihen aufgrund unzureichender Kontrolle, fehlender Verifizierbarkeit und schwacher Anreizmechanismen nur eine geringe Klimaschutzwirkung.

Nachhaltigkeit im Finanzwesen rückt immer mehr in den Mittelpunkt, weil Finanzströme gezielt auf klima- und ressourcenschonende Wirtschaftsaktivitäten ausgerichtet werden, um damit das übergeordnete Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft zu unterstützen. In Deutschland setzen Banken verstärkt auf nachhaltige Kredite als zentrales Steuerungsinstrument, um Investitionen in Klima- und Transformationsprojekte zu finanzieren und gleichzeitig Risiken im Kreditportfolio zu steuern. 

Nachhaltige Kredite für CO2-Reduktion und nachhaltigen Strukturwandel

Nachhaltige Kredite sind Darlehen, die an ökologische, soziale oder ethische Kriterien gebunden sind. Der Zweck oder die Kreditbedingungen sind darauf ausgerichtet, einen messbaren Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz, zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen oder verantwortungsvoller Unternehmensführung zu leisten.

Nachhaltige Kredite fördern die Reduzierung von CO2, indem Zinsmargen an messbare Emissionsziele gekoppelt, finanzielle Mittel zweckgebunden in CO2-ärmere Investitionen gelenkt und Berichtspflichten sowie externe Prüfungen zur Emissionssenkung etabliert werden.

In Deutschland werden verschiedene Formen von nachhaltigen Krediten angeboten. Zu den Instrumenten gehören zweckgebundene Darlehen (grüne Kredite) für Investitionen in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und nachhaltige Mobilität. Daneben werden ESG-verknüpfte Kredite zur Verfügung gestellt, deren Zinssatz von der Erreichung definierter Nachhaltigkeitskennzahlen des Unternehmens abhängt.

In Deutschland sind Förderbanken die Hauptverleiher von grünen Krediten, da sie einen expliziten öffentlichen Auftrag haben. Genossenschaftsbanken, Sparkassen und Kreditbanken agieren marktgetrieben und bieten sowohl grüne Kredite als auch ESG-verknüpfte Kredite für Privatkunden, kleine und mittlere Unternehmen sowie große Unternehmen an, jedoch ohne eigenen gesetzlichen Förderauftrag.

 

Branchen im Fokus: Schlüsselindustrien und Nutzer nachhaltiger Kredite

In Deutschland liegt der Fokus der Nachfrage nach nachhaltigen Krediten auf einigen Investitionsschwerpunkten in Schlüsselindustrien, die einem hohen Transformationsdruck ausgesetzt sind.

Die Immobilienwirtschaft nutzt beispielsweise grüne Kredite insbesondere für Neubauvorhaben und energetische Sanierungen, während Energieversorger aus den Bereichen Elektrizitätsversorgung, Gasversorgung und Erneuerbare Energien großvolumige Projektfinanzierungen für den Bau von Windparks und Solaranlagen sowie für den Netzausbau einsetzen.

Im verarbeitenden Gewerbe werden ESG-verknüpfte Kredite in der Regel von großen Industrieunternehmen aus den Bereichen Chemie, Automobil  und Maschinenbau  in Anspruch genommen. Die Zinssätze dieser Kredite sind an die Erreichung von CO2-Reduktionszielen gekoppelt.   

Nachhaltige Kredite werden insbesondere von Großunternehmen genutzt, die dank ihrer umfangreichen Datenkapazitäten ESG-verknüpfte Kredite und Grüne Fonds einsetzen und dabei von günstigeren Konditionen profitieren können. Der Mittelstand investiert zwar auch zunehmend in Nachhaltigkeit, greift aber wegen bürokratischer Hürden bislang noch seltener auf externe nachhaltige Finanzierungen zurück.

Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer aus dem Jahr 2025 zur Finanzierung nachhaltiger Projekte im Mittelstand zeigt, dass lediglich 25 % der befragten Unternehmen externe Finanzierungsquellen in Form von Bankkrediten oder Förderprogrammen nutzen.

Kommunen und öffentliche Unternehmen nehmen in erster Linie Förder- und Projektkredite in Anspruch, um die Wärmewende, den emissionsarmen öffentlichen Verkehr und die Umweltinfrastruktur voranzutreiben. Privatpersonen zeigen vor allem im Bereich energieeffizienter Wohnimmobilien eine hohe Aktivität und nutzen zinsgünstige Bau- und Sanierungskredite, häufig in Verbindung mit staatlicher Förderung.

 

Senken nachhaltige Kredite tatsächlich den CO2-Ausstoß?

Zweckgebundene grüne Kredite, die klar die Mittelverwendung definieren, weisen das höchste Potenzial für eine CO2-Reduktion auf. Mit ihnen wird direkt der Bau von Wind- und Solaranlagen, moderne Effizienztechnik oder die energetische Sanierung von Gebäuden finanziert.

Förderkredite mit verbindlichen Effizienzauflagen, etwa nach Gebäudebaustandards, führen ebenfalls zu nachweisbaren Emissionsminderungen, weil physische Verbesserungen an den Gebäuden die Voraussetzung für die Finanzierung darstellen.

Eine empirische Studie der Universität Gießen aus dem Jahr 2023 zeigt, dass sich trotz der zunehmenden Verbreitung von ESG-verknüpften Krediten kaum messbare Verbesserungen der Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsleistung beobachten lassen.

Der Grund dafür ist, dass viele nachhaltige Kreditprodukte intransparent und nicht verifizierbar sind. Hierdurch wird die Praxis des sogenannten Greenwashings, also irreführender Werbung, die den Eindruck von Nachhaltigkeit erweckt, ohne dass die versprochene Wirkung tatsächlich eintritt, begünstigt. Vor allem bei ESG-verknüpften Krediten findet keine jährliche Kontrolle statt – dadurch bleibt meist unklar, ob die Klimaziele wirklich erreicht werden, und die tatsächliche CO₂-Einsparung fällt mitunter deutlich geringer aus als gedacht. 

Wohin entwickeln sich nachhaltige Kredite?

Die Finanzierung grüner Projekte wird zunehmend von einer breit angelegten Transformationsfinanzierung abgelöst. Bisher wurde insbesondere die Förderung klar grüner Aktivitäten priorisiert, wie zum Beispiel sehr energieeffizienter Neubauten mit direkt messbarer CO2-Einsparung.

Banken zeigen sich häufig zurückhaltend, risikoreiche Transformationsprojekte zu finanzieren, obwohl diese für die Dekarbonisierung von zentraler Bedeutung sind. Transformationsprojekte sind oft durch hohe Anfangsinvestitionen, lange Amortisationszeiten, technologische Unsicherheit und ein hohes politisches Regulierungsrisiko gekennzeichnet. Diese Faktoren können ihre Kreditwürdigkeit beeinträchtigen und dazu führen, dass viele Vorhaben nur mit öffentlichen Garantien, Förderkrediten oder speziellen Risikoteilungsmodellen finanzierbar sind.

In Zukunft sollen auch Projekte in Branchen mit sehr hohen CO₂-Emissionen gefördert werden – aber nur, wenn die Unternehmen einen überzeugenden Plan vorlegen können, wie sie die Klimaneutralität erreichen wollen. Konkrete Beispiele hierfür sind der Umstieg auf grünen Stahl oder grüne Chemie sowie die CO₂-freie Erzeugung von Industrie-Wärme.

Parallel dazu dürfte die Vergabe der ESG-verknüpften Kredite strenger reguliert werden. Banken und die entsprechenden Aufsichtsbehörden werden wissenschaftsbasierte und überprüfbare Ziele definieren sowie weiche Indikatoren zur Messung der Zielerreichung nutzen. Bei Verstößen werden sie empfindliche Sanktionen bis hin zu hohen Bußgeldern durchsetzen, wie die Strafe von 25 Millionen Euro gegen die Deutsche-Bank-Tochter DWS im April 2025 wegen irreführender Vermarktung vermeintlich nachhaltiger Fonds zeigt.

Final Word

Nachhaltige Kredite können zur CO2-Reduzierung beitragen, ihre Wirkung ist jedoch nicht immer gegeben und hängt von der Qualität der Projekte und eventuell bestehenden Finanzierungslücken ab. Sie sind wirksam, wenn sie strikt an Klimaschutzinvestitionen und klare Kriterien gebunden sind und dort eingesetzt werden, wo Unternehmen ohne Kredite Investitionen nicht realisieren könnten. Um die Dekarbonisierungseffizienz zu verbessern, sind Kontrollen, Definitionen, Prüfungen, Sanktionen und ein Schwerpunkt auf zweckgebundenen, grünen Krediten erforderlich.

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